Sollvorschriften des LEP Bayern

... oder warum bayerische Wähler schlechter gestellt werden als Bürger in anderen Bundesländern


SOLL-VORSCHRIFT

"Eine Soll-Vorschrift ist eine Rechtsnorm, die an Formulierungen wie „soll“ oder „in  der Regel“ erkannt werden können. Sie ordnet die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung nicht zwingend an, sondern nur für den Regelfall. Sie räumt insoweit also ein gewisses Ermessen ein."

KANN-VORSCHRIFT

"Eine Kann-Vorschrift ist eine Rechtsnorm,

die der Verwaltungsbehörde im Gegensatz zur Muss-Vorschrift u. in weiterem Umfang als die Soll-Vorschrift Ermessen einräumt."



In der folgenden Gegenüberstellung werden die Unterschiede zwischen dem niedersächsischen und dem bayerischen Regelwerk zum Stromnetzausbau in den jeweiligen Landesentwicklungsprogrammen deutlich.

 

Während in Niedersachsen generell die Mindestabstände einzuhalten SIND (=Mussvorschrift) SOLLEN sie lediglich in Bayern eingehalten werden.

 

Eine Ausnahmeregelung in Niedersachsen relativiert zwar die harte Muss-Vorschrift, jedoch ist diese Ausnahmeregelung als "weiche" Kann-Regelung formuliert, so dass der raumordnenden Behörde ein deutlich größeres Ermessen eingeräumt wird, einer solchen Ausnahmeregelung nachzukommen, d.h. die Hürden für die Argumentation des Netzplaners zur Begründung einer Ausnahmeregelung sind sehr hoch.

 

In Bayern hingegen gilt es zwar im Regelfall die Mindestabstände einzuhalten, es werden aber keine besonderen Anforderungen an die Ausnahmen gestellt. 

Mittelschweres Muss gegen einfaches Soll

Vgl. LROP Niedersachen, Seite 397

Hinweis: Das obige Regelwerk des LROP Niedersachsen gilt innerorts. Das Regelwerk wiederholt sich mit 200 m Abstand für die Wohnbevölkerung außerhalb geschlossener Ortschaften.


Sollvorschriften verzögern den Netzausbau

In Gesprächen mit Netzplanern erfuhren wir, dass die Angst vor Kostenunterdeckung zu einer Planung möglichst "in bestehender Trasse" führt. Das bedeutet, dass der Trassenplaner befürchten muss, dass seine Aufwendungen von der Bundesnetzagentur nicht umfänglich abgenommen werden, wenn er sich von der "bestehenden Trasse" entfernt, ohne zwingende rechtliche Gründe (z. B. zwingende LEP-Regelungen) hierfür vorweisen zu können.  

 

Dies führt unseres Erachtens zur Nichtausnutzung existierender Ermessensspielräume, die nach wie vor selbst im aktuellen Netzentwicklungsplan (NEP) zu Gunsten der Wohnbevölkerung vorgesehen sind. 

 

Gemäß dem Trassenplaner dominiert das Planen "in bestehender Trasse" und nicht der Wohnbevölkerung entgegen zu kommen. Eine wohnbevölkerungsfreundliche Planung erfolgt demnach NUR bei Auflage durch die Raumordnungsbehörde. Das heißt, die Antragsunterlagen sind nach dieser Aussage immer zunächst suboptimal für die Wohnbevölkerung UND infolge der Protesthaltung durch die Anwohner, die sich das nicht gefallen lassen, vor allem für die Projektlaufzeit. Beides speist sich aus der Angst, dass Abweichungen "von bestehender Trasse" von der Bundesnetzagentur nicht akzeptiert werden, weil der Auftragnehmer nicht an die juristischen Grenzen gegangen ist.

 

Soll-Vorschriften lösen also keine Probleme, sondern verschärfen sie.

 

„Flexible“ Mindestabstandsregeln verkürzen nicht, sondern verzögern den Netzausbau. Nur feste unumstößliche (Mindestabstands)-Regeln schaffen Rechtssicherheit für den Trassenplaner. 

 

Das ursprüngliche Ziel, dass man mit Soll-Vorschriften erreichen wollte, nämlich den Netzausbau zu beschleunigen, ist zu dessen größter Hemmschuh geworden.